Vor 145 Jahren war die Geburtsstunde der Glühbirne. Also um ganz präzise zu sein: Am 21. Oktober 1879 präsentierte Thomas Alva Edison der Öffentlichkeit in seiner Erfinderfabrik Menlo Park bei New York die erste elektrische Glühbirne, die 45 Stunden lang brannte. Ich habe größten Respekt vor Leuten, die was erfinden. Die solange tüfteln, bis ihnen ein Licht aufgeht.
Mit dem Licht ist es ja so eine Sache. Als ich neulich bei einem Konzert war und der fantastischen Band lauschte, erwischte ich mich bei dem Gedanken, dass man doch unbedingt die sechs grässlichen eisblauen LED-Röhren abmontieren müsste, die an der Decke über der Bühne hingen. Das Licht erinnerte mich an die Raucher-Lounges auf Flughäfen oder an ein Sushi-Lokal in den Nullerjahren in Gelsenkirchen. Die grandiosen Musiker:innen hatten definitiv eine sinnlichere Beleuchtung verdient.
Ich liebe schummriges, indirektes Licht und ich verabscheue Deckenlicht. Ich habe zwar einen Kronleuchter, aber ich mag es gar nicht, wenn mein Freund oder unsere dreijährige Tochter ihn anschalten. Ebenso die Deckenlampe in der Küche, die gleich früh morgens zum Frühstücks-Porridge angeknipst werden muss. Ich springe dann sofort zur mit Muscheln besetzten Stehlampe aus Indonesien und zur Perlmutt-Tischleuchte aus Bali und verbanne das Licht über unseren Köpfen. Ich habe eine Schwäche für schöne Tischlampen und Stehleuchten und finde, man kann gar nicht genug von diesen haben.
Übrigens niemals beim Fotografiert- oder Gefilmtwerden unter einer Deckenlampe stehen – gibt ganz unschöne Augenringe! Und darauf achten, dass das Licht von VORNE kommt oder dass man von beiden Seiten angestrahlt wird (nicht nur von einer Seite). Ich habe einige Jahre als freie Casterin für eine Filmproduktionsfirma gearbeitet und es ist erstaunlich, wie viele – sogar professionelle Schauspielkolleg:innen – sich in ihren Castingvideos so filmen, dass sie vor dem Fenster stehen, das Licht also HINTER ihnen ist und sie selbst zappenduster.
Bei aller Sehnsucht nach schönem Licht konnte ich mich jedoch noch nicht dazu durchringen, eine Tageslichtlampe zu kaufen. Leuchtet mir ja ein, dass sie die Stimmung aufhellen soll, gerade wenn es kalt und dunkel ist. Oder wenn man den ganzen Tag drinnen hängt. Vor Corona hockten die Leute im Büro, danach im Home Office. Ist eigentlich noch wer draußen? Im guten alten Tageslicht? Und so richtig ohne Filter?
Vor kurzem machte ich alleine einen Spaziergang in der goldenen Herbstsonne an der Moorlake, einer idyllischen Havelbucht in Berlin-Wannsee. Als pubertierendes Kind langweilten mich die sonntäglichen Spaziergänge dort mit meinen Eltern – heute lechze ich danach. Es ist einer meiner liebsten Kraftorte. Genauso wie die Pfaueninsel. Zu ihr setzte ich mit der Fähre über und genoss das sonnenlichtglitzernde Havelwasser. Meine Stimmung wurde plötzlich getrübt, als hinter mir ein etwa 13-jähriges Mädchen lauthals „I wanna lay you down on a bed of roses“ sang, diesen mittlerweile über 30 (!) Jahre alten Song von Jon Bon Jovi. Sie hatte vergnügt mit ihren Eltern die Insel betreten. Ich konnte dieses Lied noch nie leiden und fluchte innerlich über den Ohrwurm, den mir das Mädchen da eingepflanzt hatte. Ohrwürmer von Liedern, die man nicht ausstehen kann – da kommt gute Laune auf! Nachdem ich ein bisschen über die Insel gelaufen war, fand ich mich auf einmal neben dem Mädchen und seinen Eltern wieder, an einer großen umzäunten Wiese, vor uns ein Pfau.
Die drei versuchten, ihn mit ihren Handys zu fotografieren, aber er drehte stoisch seinen Po in unsere Richtung. Die Mama tadelte den Pfau: „Hey, dreh dich doch mal zu uns! Für 6 Euro kann man doch ein schönes Foto erwarten!“ (6 Euro kostet die Fahrt mit der Fähre).
Ich: „Hey Pfau! Wenigstens ein Foto für Instagram!“ Wir lachten alle schallend, besonders das Mädchen. Wir ulkten noch ein bisschen rum, wünschten uns gegenseitig eine schöne Zeit auf der Insel und sie winkten mir, bis sie auf der Weggabelung hinter den Buchen verschwunden waren. Später dachte ich erheitert, was für zauberhafte kleine Lichtmomente einem das Leben doch manchmal schenkt. Wenn man sich einfach auf den Moment einlässt. So wie Jon Bon Jovi, als er „Bed of Roses“ schrieb. Ich hab gerade mal die Entstehung des Liedes recherchiert. Jon war an einem Morgen 1992 nach durchzechter Nacht mit einem Groupie verkatert und allein in seinem Hotelzimmer – und sehr deprimiert. Mitten im wilden Tour-Leben als Rockstar realisierte er, dass er nur eine einzige Frau vermisste, nämlich seine Ehefrau, die jedoch tausende Kilometer entfernt war. Sie wollte er auf Rosen betten, während er sich reumütig auf einem Bett aus Nägeln sah. Da hat er sich einfach mal vom Zimmerservice ein Klavier bringen lassen und den Song geschrieben. Und daraus wurde dann – muss ich leider zugeben – ein Welthit. Wie sagte schon Francis Bacon: „Damit das Licht so hell scheint, muss die Dunkelheit vorhanden sein.“
Heute zur Wochenmitte schicke ich euch ein Licht. Möge es, wie die Rolling Stones singen, auf euch scheinen. Und euch durch die kälter werdende Zeit begleiten. Warm wie die Abendsonne. Shine a light.
Wir waren auf demselben Konzert mit dem blauen Licht, aber Du warst doch deutlich weiter vorne und näher dran als ich und hast die gnadenlose Kälte des Bühnenlichts stärker wahrgenommen, als ich auf meinem hintersten Platz. Man sieht das erbarmungslose, nicht sehr vorteilhafte Licht auf den Konzert-Fotos, die einige gemacht haben.
Deckenlicht = Putzlicht – basta! Habe in meiner Wohnung nur Deckenstrahler im Bad und im Flur eine mit einem schummrigen Lampenschirm. Auf Reisen habe ich immer mindestens ein Seidentuch in Orange-Tönen dabei, das ich über schrecklich grelle Hotelzimmerlampen werfe. Eine der ersten Maßnahmen, wenn ich ein Hotelzimmer oder eine Ferienwohnung beziehe.
Was außerdem bei Film und Fotografie dagegen spricht, sich unter einer Deckenleuchte zu positionieren, ist das von mir gerne so genannte „Hitlerbärtchen“, der Nasenschatten über der Oberlippe 🙂
Danke für den wunderbaren Tipp mit dem orangefarbenen Seidentuch auf Hotelzimmerlampen, liebe Gaga! Seide, nicht Handtücher – merke ich mir! 👍
Oh und ein „Hitlerbärtchen“ will man wahrlich nicht haben, zusätzlich zu den Deckenlicht-Augenschatten 🧟♂️😂
Ein zartes Baumwollbatist- oder -Mousseline- oder Leinentüchlein tut es schon auch, die Farbe ist entscheidend 🙂 Ich habe als mir die Tücher ausgingen und immer noch grelle Lampen störten, auch schon mal ein rotes Shirt um eine böse Lampe gewickelt. Der Zweck heiligt die Mittel!