Jetzt wo es Richtung Jahresende geht, habe ich das Gefühl, dass sich nicht nur die Shopping-Angebote häufen, sondern auch diverse Charity-Aktionen.
Ich habe zum Thema „Charity“ ein ambivalentes Verhältnis. Nicht falsch verstehen – Charity ist an sich eine gute Sache. Doch ich denke nicht mehr so idealistisch darüber, seit ich mal für eine Prinzessin arbeiten musste. What? Ja, mit Anfang 20 war ich mal die PR-Zofe einer Prinzessin. Es war „nur“ eine angeheiratete Prinzessin, aber das hielt sie nicht davon ab, sich „Eure Hoheit“ nennen zu lassen. Wir hatten einen gemeinsamen Bekannten B., für dessen PR-Agentur ich als Studentin arbeitete. Die Prinzessin hatte seine Agentur damit beauftragt, ihr ein neues Image zu verpassen. B. hatte die Idee, mich mit diesem Projekt zu betrauen und organisierte ein Kennenlern-Treffen im Hotel Adlon.
Die Prinzessin studierte mit gewichtiger Miene meinen Lebenslauf. Ich wusste, dass sie rund 10 Jahre älter war als ich und einen doppelt so alten Adligen geheiratet hatte. Als ich sie mit „Frau von…“ ansprach, unterbrach sie mich und sagte, ohne mit der Wimper zu zucken: „Eure Hoheit. Sie können aber auch Eure Durchlaucht sagen.“ Nein, sie hatte keinen Witz gemacht.
Das Image Ihrer Hoheit war allerdings mitnichten majestätisch, sondern das einer Partyprinzessin, die nur in Klatschblättern erwähnt wurde. Das wollte sie ändern und gemeinsam mit den Chef-Strategen der PR-Agentur überlegte sie wie. Die zündende Idee war schnell geboren: Was lag näher als die Organisation eines großen Charity-Events unter der Schirmherrschaft der Prinzessin, um deren zweifelhaftes Image in höhere Sphären zu heben? Ein großes Spektakel sollte es werden, in einem Berliner Luxushotel. Gäste von Rang und Namen sollten eingeladen werden, die Erlöse der Tickets sollten – ja wem eigentlich zugute kommen? Wieder Brainstorming, diesmal durch sämtliche Krankheiten und unterstützungswürdige Themen. Die Wahl fiel auf Brustkrebs. Die Prinzessin rief begeistert aus, sie wolle die Ute Ohoven der Brustkrebshilfe werden. Dann ging alles recht schnell. Ich musste an sämtliche Prominente aus Kultur, Wirtschaft und Wissenschaft Einladungen im Namen der Prinzessin versenden – auf feinstem Büttenpapier mit Wappen des Adelsgeschlechts Ihrer Hoheit. Als ich zum ersten Mal ihren Gatten – also den echten Prinzen – am Telefon hatte und automatisch „Eure Hoheit“ zu ihm sagte, brach der in schallendes Gelächter aus. Er bat mich, ihn „Herr von…“ zu nennen, also mit seinem ganz normalen Namen. Von den begehrten Gästen trudelten bald Absagen ein. Darunter ein persönlich formulierter Brief des Vorstands-Ehepaars eines großen Pudding-Herstellers, in dem freundlich erläutert wurde, warum man Abstand von solchen Events halte und wo man sich überall auf der Welt mit karitativen Projekten engagiere, fernab der medialen Öffentlichkeit. Seitdem esse ich den Pudding dieses Konzerns noch lieber als vorher schon.
Nach dem alten, ausgelutschten PR-Gebot „Tue Gutes und rede darüber“ kommt mir hier ein Zitat von Charles Dickens in den Sinn: „Tue so viel Gutes wie du kannst, und mache so wenig Gerede wie nur möglich darüber.“
Auch das Interesse der Qualitätsmedien hielt sich in Grenzen. Ihren Ärger über die Absagen der wichtigen Leute ließ die Prinzessin an mir aus und an den anderen niederen Mitarbeitern der Agentur. Dann wollte sie auch noch das Kleid für die Charity-Gala umsonst haben. Von keinem geringeren Modelabel als Dior. So musste ich bei Dior in Paris anrufen und um ein Kleid für Ihre Hoheit bitten, welche ich natürlich als die neueste deutsche Charity-Lady anpreisen musste. Es war mir mega peinlich, auch wenn ich ja nicht für mich selbst betteln musste. Bald wurde ein großes Paket von Dior ins Büro der Agentur geliefert. Es war das hässlichste Abendkleid, was ich jemals gesehen habe – erstaunlich, dass sowas im Hause Dior gefertigt wurde! Ein schwarzer, tüllartiger Albtraum mit vielen schwarzen Federn – als ob Phönix direkt aus der Asche im Backofen gelandet wäre. Ich konnte mein Lachen kaum verkneifen und vermutete, dass man sich bei Dior einen Spaß draus gemacht hatte.
Das Ungetüm hat sie dann doch nicht getragen auf der Spendengala – so wie diese auch nicht in dem Luxushotel stattfand, sondern in einem selbsternannt „schicken Club“ in touristischer Lage. Zur Gala bin ich nicht hin, ich weiß auch ehrlich gesagt nicht mehr, wieviel für die Brustkrebshilfe gesammelt wurde und wirklich zum Einsatz kam. Das Projekt „Image-Wandel zur Charity-Lady“ wurde jedenfalls danach fallengelassen. Die nächste Idee war, Ihre Hoheit zu einer Modedesignerin zu etablieren. Auch hier war der Plan, mich als PR-Zofe einzuspannen und das Projekt „Image-Wandel durch Luxuskollektion“ in meine Hände zu legen. Da habe ich dann bald entnervt die Reißleine gezogen und mich von der Agentur verabschiedet – der für eine Studentin sehr gute Verdienst war längst kein Argument mehr. Jahre später blieb ich mal beim Zappen auf einem sehr trivialen Privatsender hängen – ein Werbespot mit Ihrer Hoheit. Sie drehte sich in einem Prinzessinnenkleid schwungvoll um die eigene Achse, umringt von Kindern. Dazu die salbige Stimme des Sprechers: „…, die Prinzessin der Waisenkinder von Bangladesch.“ Ich erstarrte und zappte schnell weiter.
Ein inneres Stimmchen tadelt mich: „Ja was hast du denn? Es ist doch alles für einen guten Zweck! Wenn durch Ihre Hoheit der Brustkrebshilfe und den Waisenkindern in Bangladesch geholfen werden konnte, dann ist das doch eine gute Sache!“ Stimmt. Aber es hat für mich ein Geschmäckle. „Aber Mann – das Ergebnis zählt doch!“ Jaaa schon, aber…
Ich bin ein großer Fan von Frank Zander, der seit 30 Jahren eine Weihnachtsfeier für Berliner Obdachlose und Bedürftige veranstaltet. Und der sich mit Herzblut für zahlreiche andere soziale Projekte engagiert. Meine Freundin M. unterstützt seit einigen Jahren geflüchtete Familien und meine Freundin K. hilft regelmäßig bei der Berliner Stadtmission, ohne Tamtam und Bohei.
Ich feiere besonders die Menschen, die nicht nur Geld, sondern auch Zeit und Herzenswärme schenken, um Menschen und Tieren zu helfen. Um mit Mutter Teresas Worten zu schließen: „Es kommt nicht darauf an, wie viel wir geben, sondern wie viel Liebe wir in das Geben stecken.“
Sehr unterhaltsam und auf den Punkt.
Liebe Grüße und frohe Weihnachten!
Vielen lieben Dank, liebe Nadja! Dir auch ein wunderschönes Weihnachtsfest und liebe Grüße 🫶🏼
Ich habe alles hoch und runter gegooglet. WER IST EURE HOCHHEIT??? Bidde….!!! Habe mich weggelacht. Selbst die Suche „…die Prinzessin der Waisenkinder von Bangladesch…“ hat keine Ergebnisse geliefert. Aber so genial geschrieben. Hätte gerne auch das Kleid von DIOR mal gesehen! 😀 😀 😀
Danke liebe Montagsmarie! 😄😄😄 Auch Dir verrate ich es im Diskreten bei einem Kaltgetränk oder Bohnenkaffee ☺️ Ja das Ungetüm von Kleid hätte ich mal fotografieren sollen 😂
Meine Phantasie schlägt Purzelbäume, wer die Charity-„Hoheit“ gewesen sein könnte…. 🙂 Dachte einen kurzen Moment an Tatjana Gsell, aber die war mit diesem „Prinz Ferfried von Hohenzollern“ ja nur liiert, nicht verheiratet.
Ich verrate es dir im Geheimen bei einem Glas Perlwein.
😄💋🍾…im Adlon? 😆