Es gibt ja schon seit einigen Jahren den Trend unter hyperschlanken, zumeist weiblichen Prominenten, sich mit einem fetten Burger fotografieren zu lassen. Mit den Hashtags #foodie, #foodselfie oder #eatershot. Pizza oder eine große Portion Pasta gehen auch, aber so ein richtig dicker, hoher, saftiger Burger vor einem perfekt geschminkten Gesicht, nochmal mit einem Glow Filter bearbeitet, macht noch mehr her und bringt besonders viele Likes. Natürlich beißen die meisten, ist das Foto gemacht, nicht rein, sondern geben den Burger an ihre Assistent🍔innen weiter.
Ich bewundere immer wieder, nicht ohne einen Funken Neid, diese Selbstbeherrschung – ich könnte das nicht! Ist so ein Ding erst vor meiner Nase, werde ich zum Raubtier. Ich könnte jeden Tag Burger essen, aus rein figürlichen Gründen meide ich sie. Und ein Burger allein macht mich leider nicht satt, sondern facht meine Gier erst recht an.
Heute ist der internationale Tag des Hamburgers. Seit den 1990ern wird er jedes Jahr am 28. Mai gefeiert. Dieses Ereignis fällt zusammen mit dem „Weltspieltag“, dem „Welttag der Otter“ und dem „Tag der Rückkehr der Nacktschnecken aus Capistrano“, welcher in den USA begangen wird. Doch bleiben wir bei den Burgern! In den letzten 15 Jahren sind ja in meinem Kiez Burgerläden wie Pilze aus dem Boden geschossen. In allen Varianten: klassische, vegane mit Möhren-Hafer-Patty oder zerquetschter Falafel, BBQ-pulled-pork mit Rotkohl, pulled-chicken mit Spitzkohl, giftgrüne Burger mit Sprossen, koreanische mit Mango-Chili-Mayo und Koriander, Low Carb Burger, Keto Burger, isländische mit Bio-Rind, verkauft von jungen Männern mit langen Bärten. Der Gipfel der Schöpfung war ein Laden mit ausschließlich süßen, kunterbunten Schaumgummi-Burgern, vor dem die Leute mir unerklärlicherweise Schlange standen.
Der beste Hamburger meines Lebens war mein erster, mit knapp 11 Jahren. In München. Daran erinnerte ich mich neulich dank einer großen Gruppe kanadischer Schüler, die hier in Berlin auf Bildungsreise waren. Ich hielt vor ihnen einen Vortrag über meine Vergangenheit als Ossi-Kind, das nach dem Fall der Berliner Mauer in den Westen zog. Sie fragten mich, was eins meiner schönsten ersten Erlebnisse als Kind im goldenen Westen gewesen sei. Und ich erzählte ihnen von unserer ersten organisierten Busreise nach München. Für die ostdeutschen Bürger und Bürgerinnen wurden damals Reisen in die wichtigsten Städte der Bundesrepublik angeboten und meine Eltern fanden es wichtig, dass wir erstmal die andere Seite unseres Landes kennenlernten. Somit fuhren wir mit dem Reisebus auch nach München. Bei McDonalds unweit des Marienplatzes aß meine ganze Familie ihren ersten Hamburger. Also jeder jeweils einen natürlich. Ich war hingerissen von dieser Geschmacksexplosion. Zurück zu Hause in Brandenburg entwickelte ich stark abgewandelte Eigenkreationen aus Brötchen, Käse, Gewürzgurken, Champignons, Ketchup und was der Kühlschrank so an Fleisch oder Schinken her gab, die zu einem beliebten Abendessen bei uns wurden. Interessanterweise gab ich immer eine Prise Oregano aus dem Plastikstreuer hinein, bevor sie in die Mikrowelle wanderten und nach 90 Sekunden bei 700 Watt fertig waren. Das war eine der ersten Errungenschaften meiner Eltern nach dem Ende des Realsozialismus: Ein Herd/Backofen mit integrierter Mikrowelle. Ich nannte meine Geschöpfe ganz innovativ „Brandenburger“. Und eigentlich hatte ich immer vor, damit groß rauszukommen. Aber den gleichnamigen Burgerladen gibt es natürlich längst – ratet mal wo – nur in der kecken Schreibweise „BrandenBURGER“, damit auch wirklich jeder das Wortspiel versteht.
Den üppigsten, sensationellsten Burger überhaupt habe ich bisher in Brooklyn gegessen. Ein Gourmet-Tower aus Trüffelmayo, crispy bacon, dickstem dry aged Angus beef, caramelized onions und sweet potatoes. Zu groß für mein Mündchen – ich brauchte Besteck. Würde man heute als #foodporn hashtaggen. Aber…Trommelwirbel: Noch nie aß ich einen Burger in seiner namensgebenden Mutterstadt! Nach München, Brandenburg, New York und Berlin: Hamburg, ich komme! Vielleicht ja für das ultimative Retro-Erlebnis mit einem Städtefahrten-Reisebus? Ich werde berichten. Ahoi, ihr foodies!

Assistent🍔innen 😁
(ich fände es sehr lustig, wenn der kleine Burger das Gendersternchen ersetzen würde, bräuchte allerdings noch eine Fußnote/Disclaimer, dass es sich wahlweise um einen veganen Burger handelt – to whom it may concern)
😂😍👏🏼
Ich kann nicht mehr: Tag der Rückkehr der Nacktschnecken aus Capistrano war der absolute Höhepunkt eines echt lauten Lachkrampfs. Und ja, ich kann mich auch nicht beherrschen. Am wenigsten bei Shiso-Burgern (kommt mal auf einen vorbei, du drehst durch!). Aber ich könnte auch mal in deine Richtung kommen, einen Low-Carb-Burger würde ich gerne mal probieren 😀
Sensationell witzig!
Und tatsächlich wusste ich das nicht, dass Models so tun als ob. Warum eigentlich? Auf jeden Fall könnte ich für diese Fotos gerne Assistentin sein 😀 😀 😀
Du wärst eine wunderbare, professionelle Burger-Assistentin 🤣😍 Und zu Shiso Burger in Charlottenburg komme ich natürlich liebend gerne – obgleich wir in Mitte auch Shiso haben, also du dann zum Vergleich in meine Richtung 😄🍔 Die Mutter der Ich-tu-so-als-ob-ich-einen-Burger-esse-Fotos war wohl sogar Marilyn Monroe (die übrigens heute Geburtstag hätte 😄) 1952 ließ sie sich mit perfekt geschminkten Lippen in einem Drive-in mit einem Burger fotografieren. Man vermutet, dass dieser weitergereicht wurde, da die Studiobosse und Manager (schon) damals penibel darauf achteten, dass ihre Schauspielerinnen nicht „ansetzten“ 🤦♀️